110 kV-Leitung im Rückspiegel
Text und Fotos wurden von Hans Karner zur Verfügung gestellt.
Mit der Errichtung eines „Schalthauses“ (später Umspannwerk) und eines eigenen Personalhauses setzte am 14. Dezember 1924 die Wiener Stadtwerke-Elektrizitätswerke die 110 kV Stromleitung Gresten-Wien, bzw. Schalt- und Transformatorenanlage Gresten, unter Betriebsspannung. Die Anlage wird mit Strom der Kraftwerken Opponitz und Gaming gespeist…
Vor 37 Jahren übernahm die EVN die Schaltanlage in Gresten und die Teilstecke Gresten bis Pottenbrunn der 110-kV-Doppellelleitug. Nun wird mit großem Elan von der EVN-Gruppe NÖ-Netz an der Erneuerung der Teilstrecke Gresten-Kirnberg gearbeitet. Mit den Arbeiten wurde die Firma Omexom Austria GmbH aus Alkoven (OÖ) betraut.
Diese neue 110 kV-Leitung mit einer Länge von 23 km kann eine Leistung bis zu 400 MW transportieren und ist damit um den Faktor 3 leistungsstärker als die bestehende Leitung. Die Investitionskosten betragen rund 9 Millionen Euro. Wie schon erwähnt, werden 78 neue Maste mit einem Gewicht von 800 Tonnen errichtet, rund 6.700 m³ Erdaushub 5.700 m³ Beton bzw. 290 Tonnen Seile verlegt.
Die Stützpunkte werden werksmäßig mit einem Olivgrünen Farbton versehen um sich dadurch der Landschaft anzupassen. Nach Abschluss der Bauarbeiten werden die Rekultivierungsmaßnahmen (Wegsanierungen etc.) umgesetzt und die Flurschäden an die Bewirtschafter ausbezahlt.
Unter der Verantwortung von Monteuren und Vorarbeitern, wie zum Beispiel Helmut List, werden bis Jahresende 127 Masten durch 78 neue ersetzt.
Von Gresten weg wurden einst auf rund 140 Kilometer lange Leitung über Kilb, Michelhausen, Königsstetten und Sankt Andrä nach Wien mit ca. 640 Stück Masten errichtet werden, die mit der per Bahn, bzw. Fuhrwerke aller Art mühsam zu den jeweiligen Aufstellungsorten gebracht werden.
Der Hauptanteil dieser Strecke wurde von den Österreichischen Brown-Boveri-Werken errichtet. Ein gigantisches Projekt, welches nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1921/22 von der W.A.G. der Stadt Wien , die mit einer Kapitalerhöhung von 200 Millionen Kronen zu Schultern waren. Der erste Spatenstich erfolgte am 17. Jänner 1922.
Im geschichtlichen Rückblick gab es zwei Ereignisse, die mit den politischen Turbulenzen der Zwischenkriegszeit und der Stromversorgung in Wien engstes in zusammenhängen. So sprengten in den Nacht zum 11. Juni 1933 Mitglieder der verbotenen NSDAP bei Rogatsboden (Purgstall) einen Masten dieser Starkstromleitung. Die Täter flohen ins Deutsche Reich…
In der Chronik des Gendarmeriepostens von Gresten kann man über die verhängnisvollen Ereignisse des 12. Februar 1934 folgendes nachlesen: „Die Arbeiter und Angestellten des Schaltwerkes Gresten der Gemeinde Wien – mit Ausnahme des Betriebsleiters Ing. Ludwig Mertens – traten bereit um 11,45 Uhr in den Streik..“. In Wien brach die Stromversorgung zusammen. In der Folge besetzten Gendarmen, Heimwehr und Schutzbündler das Schalthaus in Gresten und verhafteten Schutzbundangehörige, unter ihnen der spätere SPÖ-Bürgermeister von Gresten Wilhelm Sigmund…