Untertanen zahlten die Zeche

Ein „Ökumenischer Gebetsabend“, zu dem der katholische Pfarrer Dechant Herbert Döller und evangelische Pfarrer Siegfried Klock-Thudt in die Stadtpfarrkirche von Waidhofen/Ybbs für 22.  Jänner einluden, inspirierte die Arbeitsgemeinschaft „Familienforschung NÖ-Eisenwurzen & Mittelfranken“ zu einem heimatkundlichen Ausflug in die Vergangenheit. Unter dem Leitgedanken „Wer Menschen dienen will, sollte die Zukunft im Sinn haben – und die Vergangenheit bei den Akten“, versammelten sich mehr als 70 katholische und evangelische Christen, um für die Einheit der Christen zu beten….
2017 war es 500 Jahre her, dass Martin Luther seine 95 Thesen an der Schlosskirchentür zu Wittenberg anschlug. Was lag näher, als die neuesten Nachforschungen dieser Arbeitsgemeinschaft, unter tatkräftiger Mithilfe des gebürtigen Reinsbergers und langjährigen Direktors des diözesanen Bildungshauses St. Hippolyt Prof. Leo Püller, in diesem Gedenkjahr öffentlich zu machen.
Bereits 1524 predigte der Purgstaller Kaplan Kaspar Schilling in der Filialkirche Feichsen über die „lutherischen Lehren“. Entscheidend waren aber, dass sich die Söhne als Grundherren von Purgstall (Sigismund v. Auersberg) oder in Gresten (Stephan v. Zinzendorf) um  1560 „lutherische“ Priester in ihre Grundherrschaften holten. 1526 inskribierte der Waidhofner Paul Rebhun an der Universität Wittenberg, der bald zu den engsten Mitstreitern Luthers gehörte…
Das markanteste Ereignis der Waidhofner Stadtgeschichte war, als im Jahre 1532 Bürger, Schmiede und Bauern die Türken in die Flucht schlugen und in Erinnerung den mächtigen Turm errichteten. Für seine Grestner Untertanen erließ Stefan v. Zinzendorf 1546 eine strenge „Verordnung der Manneszucht“.
Der Augsburger Religionsfrieden regelte 1555 mit dem „regio, eius religo“ (wessen das Gebiet, dessen die Religion) und wollte in deutschen Landen die politische Ordnung herstellen. In der Folge kam es 1585/86 nach den „Fastenpredigten“ des berühmten Hof- und Dompredigers P. Georg Scherer zu St. Stephan in Waidhofen und Gresten zu den ersten Versuchen einer „Gegenreformation“ – was auch zur Ausweisung des gesamten Waidhofner Stadtrates führte. Stadtschreiber Wolf  Ebenperger wurde damals im Stadtturm eingekerkert und starb nach zwei Jahren...
1597 kam es auch im „Ländle unter der Enns“ (Mostviertel) zum Aufstand der Bauern. Vor 400 Jahren begann der 30-jährige Krieg und die Massenvertreibung von Tausenden „Lutherischen“. Dank der Gesellschaft für Familienforschung (mit Sitz in Nürnberg) wurden nach 350 Jahren die Namen, Höfe und Stammbäume von 1763 „Exulanten“ des Mostviertels ausgeforscht, die vor allem im menschenleeren Mittelfranken eine neue Heimat fanden.

Text und Fotos wurden von Hans Karner bzw der Arbeits und Familienforschung zur Verfügung gestellt.